Das kritische und satirische Wochenmagazin quer vom BR stellte zu Kuglhof 2 die Frage: „Zukunftsmodell oder Augenwischerei?“ .
Der Klimapolitik-Experte Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch gab in der Sendung gleich die Antwort: „Es ist fast nicht vorstellbar, dass in einem Gewerbegebiet und Industriegebiet eine wirklich ökologische Stabilisierung, ein Aufwuchs von Ökosystemen stattfinden kann, sondern das gehört zu dem Teil, wo einfach Fläche versiegelt wird, jeden Tag 90 Hektar in Deutschland. Das können wir uns nicht länger erlauben.“ Für ihn wäre es ein weiterer Schritt in die falsche Richtung.
Schließlich verstehen schon kleine Kinder, dass ein endlicher Planet – in unserem Fall die Erde! – nur über begrenzte Ressourcen verfügt. D.h., dass die Eingriffe und Plünderungen durch die Spezies Mensch nicht zeit- und raumlos weitergeführt werden können. Zum einen, weil die Menge an Ressourcen limitiert ist und zum anderen, weil die Biosphäre, also die Gesamtheit aller Räume im dem Lebewesen vorkommen, auf diese Eingriffe reagiert. So ist es der Menschheit gelungen, den Planeten, den sie ja selbst bewohnt, in einen katastrophalen Zustand zu bringen. Planetare Belastungsgrenzen sind schon weit überschritten in Bezug auf Biodiversität, Klimawandel, Luftverschmutzung, Phosphor- und Stickstoffeintrag. Die BRD bewohnenden Menschen maßen sich an so zu leben als hätten sie drei Mal den Planeten Erde zur Verfügung. Am sogenannten „Erdüberlastungstag“ haben wir das Ressourcenbudget der Natur für das ganze Jahr aufgebraucht. Weltweit fiel er 2022 auf den 28. Juli. Bei uns in Deutschland auf Anfang Mai. Wo liegt er in Pfaffenhofen? Mit dem Ressourcenplünderer Kuglhof 2 würde er sicherlich bereits in den April vorrücken.
Am „Erdüberlastungstag“ haben wir bereits das Ressourcenbudget der Natur für das ganze Jahr – quasi – verschwendet. Einer der Haupttreiber dieser Überlastungen ist der menschlich verursachte Flächenverbrauch. Die einzige Zielvariable, die den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft gerecht wird, ist deshalb, den ökologischen Fußabdruck pro Mensch auch in dieser Hinsicht drastisch zu minimieren. Auf den CO2 Ausstoß bezogen hätte jeder Mensch nicht mehr 12 Tonnen wie aktuell maßlos beansprucht, sondern nur noch 1 Tonne pro Jahr als akzeptables Verbrauchsbudget zur Verfügung.
Was fällt nun der Stadt, der (Über-)Großen Koalition aus SPD, FW, Grünen, CSU, Entwicklern und ihren Planern auf all diese Herausforderungen ein? Ein 38 ha großes Industrie- und Gewerbegebiet!? Karl Valentin sagt hierzu: „Wo alle das gleiche denken wird nicht viel gedacht.“ Die Fehler der Vergangenheit werden so zu Lösungen für die Zukunft erklärt. Wirtschaftswachstum wird einfach mal mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt. Ein Industrie- und Gewerbegebiet mit Ökologie. Wie in der Märchenstunde: Der Kaiser ist zwar nackt, aber er redet sich ein, dass er neue Kleider trägt.
Die BRD will bis 2045 klimaneutral sein. Pfaffenhofen hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt dies bereits bis 2035 zu schaffen. Gut so! Es ist allerdings absolut unrealistisch mit einem zusätzlichen Ressourcenverschlinger und Energiesauger Kuglhof II auf der Backe das 1,5 Grad Ziel auch nur annährend zu erreichen.
Eine Ökobilanz, auch Lebenszyklusanalyse genannt, ist eine systematische Analyse der potenziellen Umweltwirkungen und Ressourcenströme entlang des gesamten Lebensweges eines Objektes. Für Kuglhof 2 wäre diese Bilanz verheerend. Denn es gilt verbindlich nachzurechnen, was Errichtung, Unterhalt, Betrieb und Produktion an Ressourcen, einschließlich Energie, verbraucht und CO2 produziert. Reboundeffekte, auch Bumerangeffekte genannt, sind hier zusätzlich zwingend mitzurechnen. Sie entstehen, wenn Einsparfortschritte an einer Stelle durch Wachstum an anderer Stelle wieder aufgehoben werden. Kuglhof 2 würde sich in die Reihe der (fatalen) klassischen Beispiele der geschönten Rechnungen einreihen.
Die Befürworter von Kuglhof II wollen ein Ratsbegehren, das sie einleiten mit „Wohlstand sichern, Klima schützen“. Gute Idee! Aber mit einem Industrie- und Gewerbegebiet wird da kein Schuh draus. Sehr wohl aber mit dem Erhalt von 38 ha Ackerfläche, die weiterhin ihre Arbeit verrichtet und permanent CO2 bindet!
Grünes Wirtschaftswachstum gibt es nicht! Wissenschaftler*innen haben schon sehr lange und aktuell immer dringlicher darauf hingewiesen, dass Schrumpfen, Reduktion, Suffizienz (Genügsamkeit) geradezu zur NOTwendigen Überlebensstrategie für die Mensch-, Tierund Pflanzenwelt werden muss. Prof. Dr. Niko Paech, der an der Universität Siegen Plurale Ökonomik lehrt, zu Kuglhof 2: „Weitere Gewerbegebiete bauen zu lassen, nachdem wir seit dem 2. Weltkrieg unaufhörlich dergleichen haben entstehen lassen, ist einfach nur peinlich. Was ist das für eine Ökonomie, die praktisch – obwohl sie immer effizienter geworden ist, immer mehr Technologie einsetzt – immer noch weiter in die Ökosphäre hineinwachsen muss? Wir müssten doch heute mit viel weniger Fläche auskommen können, also in der Lage sein, ohne weiteren Flächenverbrauch Güter zu erzeugen. Ich kann nur sagen, dass expansive Strategien der Wirtschaftsförderung schlicht und ergreifend vorsintflutlich sind.“ In Zukunft sollten neue Gewerbeflächen nur noch in einem kooperativen Flächenmoratoriums-Verfahren auf Landkreis- und/oder sogar nur auf überregionaler Ebene entstehen können. Egoismus ist hier im Sinne des Überlebens-Gemeinwohls fehl am Platze.
Wie oben schon beschrieben, leben wir weit über unsere Verhältnisse. Da macht Pfaffenhofen keine Ausnahme! Auch wir in Pfaffenhofen brauchen deshalb zwingend eine Konsolidierung und Nachentfaltung des Vorhandenen. So wäre es mehr als angebracht die entwickelten ökologischen Nachhaltigkeitskriterien für Kuglhof 2 auf bestehende Gewerbeflächen anzuwenden. Das wäre dann wirklich ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Biodiversität!
Und: Kuglhof 2 käme uns auch – von wegen fiktive Steuermehreinnahmen, von wegen mehr Kunst und Kultur, von wegen mehr Wohnraum, von wegen mehr Kitas – finanziell teuer zu stehen: Alleine im städt. Haushalt 2023 verschlingt das Industrie- und Gewerbegebiet Kuglhof 2 (falls es denn kommt) 5,3 Mio.! Das sind mehr als doppelt so viel als für Klimaschutz und Biodiversität zusammen. Die bekommen nämlich nur ca. 2,3 Mio.! Kuglhof 2 geht an den Herausforderungen der Zeit blind vorbei! Deshalb NEIN zu Kuglhof 2 und – im Jahr des Ackerbodens – JA zum Ackerboden!
Manfred“Mensch“Mayer
Wählergruppe „Gemeinsam für Gemeinwohl – GfG“